shomingeki erscheint bald online

 

 

Fast 6 Jahre sind vergangen seit dem die letzte Printausgabe von shomingeki im August 2012 erschienen ist. Auf der Titelseite war ein Bild aus Terrence Malick´s Meisterwerk The Tree of Life zu sehen. Ich habe sehr lange darüber nachgedacht, wie es mit der Zeitschrift weitergehen soll. Schliesslich kam ich zu dem Schluss die Printausgabe nun vollständig durch eine Online Zeitschrift zu ersetzen. Eine nur für die deutschsprachige Ausgabe vorgesehene Webseite ist bereits in Arbeit. Die deutschen Texte werden, falls vorhanden, mit einer englischen Übersetzung im Inhaltsverzeichnis jeder Ausgabe verlinkt.

Die nächste Ausgabe, also die erste Online-Ausgabe wird Ende Mai unter auf der Seite shomingeki-Online erscheinen. Die andere Webseite, shomingeki.org und mein englischer Blog bleiben nach wie vor bestehen.

Ich bedaure die Einstellung der Printausgabe der 1995 von mir gegründeten Filmzeitschrift. Die Entscheidung, wie mit shomingeki fortzufahren ist, basiert auf der simplen Frage, was man sich leisten kann und was nicht. Die Printausgabe wurde immer mehr ein Luxus und trotz einiger sehr grosszügiger Sponsoren und trotz einer kleinen aber treuen Anhängerschaft wuchs mir der finanzielle Aufwand sehr schnell über den Kopf.

 

Bei vielen sehr treuen Abonnenten möchte ich ich mich daher entschuldigen.

 

Obwohl ich dem sehr oft immer wieder widersprochen habe - sehr hartnäckig wurde shomingeki oft als Zeitschrift für den Japanischen oder Asiatischen Film bezeichnet. Dass immer wieder Texte über Yasujiro Ozu oder Hou hsiao hsien und viele weniger bekannte Regisseure Asiens veröffentlicht wurden und zumindest hier als selbstverständlichen Teil des Weltkinos betrachtet wurden, ist ein Fakt. Aber als “Experte” für Asiatisches Kino möchte ich weder mich als Person noch die Zeitschrift verstanden wissen. Mittlerweile gibt es allein in Deutschland einige, die deutlich jünger sind als ich und die doch ein viel tieferes und oft sogar systematischeres Wissen über Asiatisches Kino haben als ich jemals hatte. Darüber freue ich mich ganz besonders.

 

Die Online-Version von shomingeki gibt es natürlich kostenlos und auch Werbung (es sei denn für Sachen, die mir wichtig sind) wird es vorest nicht geben.

 

Natürlich kann man nach 6 Jahren nicht so weitermachen, als sei nichts geschehen. In den letzten Jahre habe ich viel mit Blogs experimentiert und habe schnell gemerkt, dass dies wie ein Neubeginn war. Wie genau shomingeki in zukünftigen Online-Versionen aussehen wird, wird man sehen. Ich bin ziemlich glücklich über meine Arbeit an meinen Blogs und besonders über die Begegnungen mit Filmen so unterschiedlicher Filmemacher wie Aparna Sen, Terrence Malick, Clint Eastwood, Anjan Dutt, Christopher Nolan, Bill Mousoulis, Anamika Bandopadhyay, Pushpendra Singh, etc., die meine Leidenschaft für Filme nun noch schwerer vorhersehbar machen, als in den guten alten Printausgaben.

Ich habe aber vor allem gelernt, dass man sich eine gewisse Neugier und Offenheit erhalten muss (in meinem Fall musste ich das sogar wieder neu lernen) oder sich auch mal ganz auf Filme einzulassen, die einem erstmal völlig fremd erscheinen, sonst wird diese ganze Liebesaffäre mit dem Kino sehr schnell eher zur Pose als etwas das wirklich gelebt und gefühlt ist.

 

Ich erinnere mich an den Tag, an dem ich mich endlich für eine Form entschieden habe, wie shomingeki weiterexistieren wird. Es war ein Sonntag Nachmittag, ich war überglücklich diese jahrelange Agonie von shomingeki überwunden zu haben. Ich habe mich dann selbst belohnt mit einer 70mm-Aufführung von Lawrence of Arabia im wunderbaren Zoo-Palast in Berlin.

Das war nicht nur die Pracht dieses Filmformats, sondern auch eine seit langer Zeit wieder einmal analoge Filmvorführung. Manchmal ist Kino nicht nur ein Blick auf das, was wir verloren haben, sondern auch auf das, was wir im Begriff sind, zu verlieren.

 

 

Rüdiger Tomczak